Seit einigen Jahren ist Aluminium als relativ einfach zu gießendes Metall in meinen künstlerischen Fokus geraten. Im Sandgussverfahren mit zwei Formkästen lässt sich das Metall für mich vor allem für Reliefs effektiv einsetzen und in mittleren Formaten realisieren. Dabei geht es mir beim Gießen in Sandformen nie um die Reproduktion vorhandener Modelle, sondern um das direkte spontane Arbeiten durch Abtragen, Herauskratzen und Einschneiden in den Sand als Formmaterial, in dem dadurch eine negative, also vertiefte Form entsteht, die erst durch das Ausfüllen mit dem flüssigen Metall die endgültige plastische Gestalt annimmt. Meine Bildideen sind am Beginn nur vage vorhanden, das stetige hin und her von Positiv und Negativ bringen am Ende gewollte, aber meistens überraschende Zufälligkeiten zum Vorschein.
Seit zwei Jahren hält die Pandemie uns alle mit bis dahin ungeahnten Erfahrungen in einer neuen Realität gefangen. Tradierte und erprobte Strategien des Lebens zählen fast nichts mehr. In meiner Kunst nimmt das Experiment nun den weit größten Platz ein. Gegen das große unbekannte MINUS setze ich ein für mich neues, unbekanntes PLUS - quasi als Ladungsausgleich mit der Sehnsucht nach größtmöglicher Harmonie im täglichen Leben. Für mich bleibt Aluminium Bildträger, aber als Formen dienen mir nun Eis, Schnee, feuchter Ton oder das eigene Hofpflaster. Flüssiges Aluminium gieße ich zu dünnen Blechen. Diese werden verformt, getrieben, montiert, mit anderen Materialien kombiniert oder elektrolytisch farbig behandelt. Als ob es gilt, eine künstlerische Schlacht zu schlagen gegen einen unsichtbaren Feind. Dazu habe ich das Email in dieser Zeit für mich entdeckt. Zuerst in Kombination mit Gefäßen, dann für Emaillebleche.
Die Bildserie „Echokammer“ war mein erster Ausflug in farbige Bildwelten, die ich bis dahin für ausgeschlossen hielt. Das Thema war aber für mich zweitrangig, denn die Bildideen gehörten ganz sicher für viele zum Pandemiealltag und sind allgemein lesbar. Mir ging es dabei vorrangig um das Ausloten der Möglichkeiten, farbiges Email auf Bleche aufzutragen und dabei unterschiedliche Verfahren effektiv zu kombinieren und mit dem Spritzen, Schablonieren, Stempeln, Malen, Kratzen, Zeichnen und Pudern von Email auch noch Brennprozesse für mehrere Farben einzusparen. Die gefundenen alten runden Kuchenbleche als Bildträger machten es mir leicht, das Thema zu fokussieren und ein mögliches technisches Scheitern locker einzubeziehen.
Nun ist Krieg. Die Kunst bleibt. Meine Experimente darin gehen weiter...
Carsten Theumer, im April 2022
Fandango - ein spanisch - südamerikanischer Tanz, der mit manchmal leisem aber auch turbulentem Vortrag keinen festgefügten Schrittfolgen oder Figuren folgt. Die Tanzpaare improvisieren unter der Musik des Orchesters ständig individuelle Tempi und neue Variationen, oft sogar ganz konträr. Da ergibt sich ein Bild von größtmöglicher Vielfalt in einem überschaubar begrenztem Rahmen. Wie ich finde, ein passendes Synonym für die Vielschichtigkeit meiner Themen und den dabei verwendeten Materialien und Techniken und deren immer neuen Kombinationen untereinander. In diesem Titel sehe ich auch die Bewegung und das Oszillieren zwischen den Gattungsgrenzen meiner eher traditionellen Bildhauersprache. Dazu hat „Fandango“ auch einen schönen Wortklang für mich, der gleichsam Neues und Unbekanntes assoziiert. Das schürt die Lust, diese zu erforschen und für meine Kunst zu entdecken.
Kunst und Wissenschaft - Ausstellung im Archäologischen Museum Halle
mit Gritta Götze und Martin Möhwald
Innerhalb der Ausstellung zur Triennale sind von mir hauptsächlich Arbeiten aus Aluminium zu sehen: Getriebene Skulpturen und gegossene Reliefs. In zwei zusammenhängenden Räumen des Zeitzer Schlosses stehen diesen grafische Arbeiten von Susanne Theumer gegenüber, die großformatige Kohlezeichnungen und Radierungen zeigt.